
Der Hollywood-Musicalfilm „The Wizard of Oz“, in dem Judy Garland die Hauptrolle als Dorothy Gale spielt, wird zunehmend im Kontext der Queerness betrachtet. Jörg Albrecht, ein Berliner Schriftsteller und Theaterautor, hat zu diesem Thema ein Hörspiel mit dem Titel „Beyond the Rainbow“ produziert. Das Hörspiel, das 2017 vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt und am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT) wiederholt wurde, beleuchtet Themen wie Identität, Rolle, Gesehenwerden und Anerkennung. Die Dauer des Hörspiels beträgt etwa eine Stunde und es umfasst vier Charaktere: Silvana, eine trans Frau; Tom Cruising, ein Dragking; Hayati Terzi, ein deutschtürkischer Schwuler, der zum Katholizismus konvertierte; und Brian Storm, ein afrodeutscher Mann, der über Alltagsrassismus spricht.
Die Charaktere befinden sich auf einer Reise, die mit der ikonischen „Yellow Brick Road“ aus dem Film verbunden ist. Das Hörspiel thematisiert die Herausforderungen des Outings und die Realität des queeren Lebens. Silvana sieht sich Fragen gegenüber, die ihre Identität und Authentizität infrage stellen, während Albrecht die oft klare Trennung zwischen Gut und Böse in der queeren Community kritisiert. In diesem Kontext wird eine faszinierende Verbindung zwischen Judy Garlands Figur Dorothy und der trans Frau Caitlyn Jenner hergestellt, wobei die These aufgestellt wird, dass Dorothy als eine Art trans Star betrachtet werden kann. Albrecht verweist zudem auf das historische Hörspiel „Detective Andy und der Transvestitenmord“ von Anthony Ingrassia, das vor über 40 Jahren ausgestrahlt wurde und authentische Stimmen von trans Frauen lebendig werden ließ.
Judy Garland und ihre Bedeutung für die LGBTQ-Community
Judy Garland (1922–1969) gilt als eine der bedeutendsten Ikonen der schwulen Kultur, auch bezeichnet als „The Elvis of homosexuals“, wie es die Plattform The Advocate formuliert. Ihr Appeal unter schwulen Männern ist auf ihre schauspielle Leistung, persönliche Kämpfe und ihren Status als Camp-Figur zurückzuführen. Garlands Rolle als Dorothy in „The Wizard of Oz“ hat erheblich zu ihrem Status als LGBTQ-Ikone beigetragen. In den 1960er Jahren äußerte Garland zwar Gleichgültigkeit gegenüber ihrer schwulen Anhängerschaft, indem sie sagte: „Ich könnte nicht weniger interessiert sein. Ich singe für Menschen!“
Diskussionen über Garlands Verbindung zur schwulen Kultur begannen bereits 1967 in den Massenmedien. Time magazine bemerkte eine große schwule Fangemeinde bei Garlands Auftritten. Psychiater interpretierten Garlands Überwindung persönlicher Krisen als Resonanzpunkt für viele schwule Männer, die sich mit ihren Erfahrungen identifizieren konnten. Der Autor William Goldman beschrieb Garland als tragische Figur, deren Leiden und Verfolgung viele Homosexuelle nachvollziehen können. Der Gay-Filmwissenschaftler Richard Dyer definierte Garlands Camp-Appeal als eine Form, mit der herrschenden Kultur durch Ironie und Übertreibung umzugehen.
Einfluss und Erbe
Der Ausdruck „Friend of Dorothy“ hat wahrscheinlich seinen Ursprung in Garlands Darstellung der Dorothy und wurde zu einem Code unter schwulen Männern. Der Weg von Dorothy in „The Wizard of Oz“ symbolisiert den Wunsch vieler schwuler Männer, aus kleinen Städten in lebendige Metropolen zu fliehen. Auch die Figur des feigen Löwen im Film wird als kodierte Darstellung eines schwulen Mannes interpretiert, der von Dorothy ohne Frage akzeptiert wird.
Ein bemerkenswerter Aspekt von Garlands Lebensweg ist der Zeitpunkt ihres Todes am 27. Juni 1969, der mit den Stonewall-Unruhen zusammenfiel – einem Wendepunkt in der Schwulenbefreiungsbewegung. Einige Besucher der Stonewall Inn waren Fans von Garland und hatten kürzlich an ihrer Beerdigung teilgenommen. Diese Verbindung wurde in den Medien später fiktionalisiert, unter anderem im Film „Stonewall“. Emotionen um Garlands Tod beeinflussten die Unruhen, wie Time magazine berichtete. Ihre Tochter Lorna Luft sagte, dass ihre Mutter eine Verfechterin der Menschenrechte war und die Riots unterstützt hätte. Ironischerweise könnte die Regenbogenflagge, ein Symbol der LGBTQ-Communities, auch von Garlands Lied „Over the Rainbow“ inspiriert worden sein, das eine tiefe Resonanz bei vielen schwulen Männern findet, die sich in ihrem öffentlichen Bild von ihrem wahren Selbst entfremdet fühlen.
Judy Garland war nicht nur eine talentierte Künstlerin, sondern auch ein Symbol der Hoffnung und Identität für viele in der LGBTQ-Community. Ihre Verbindung zum queeren Leben wird durch Werke wie das Hörspiel „Beyond the Rainbow“ weiterhin erforscht und gefeiert.