
In Oberbayern lebt Marius Diab seit über zehn Jahren in einer Jurte, die er aus weggeworfenem Material gebaut hat. Der 36-Jährige begann seine Lebensweise mit einem Konsumstreik, während dessen er vier Jahre lang von weggeworfenen Dingen lebte. Ziel war es, auf die immense Ressourcenverschwendung aufmerksam zu machen. Vor einem Jahr zog er in den Chiemgau, um näher bei seiner vierjährigen Tochter zu sein. Jedoch steht ihm nun ein Problem ins Haus: Das Bauamt hat ihm eine Frist bis zum 30. Juni gesetzt, um umzuziehen, da die Jurte 250 Meter vom nächsten Dorf im Außenbereich steht und damit laut Baurecht nicht erlaubt ist. Anderenfalls drohen ihm Bußgelder oder sogar eine Zwangsräumung. Zudem konnte das Bauamt ihm keinen neuen Standort für seine Jurte anbieten.
Marius betont, dass viele Menschen in ähnlichen rechtlichen Situationen leben, was ein breites Spektrum von Wohnformen umfasst – darunter Jurten, Wägen und Tiny-Häuser. Angesichts zunehmender Wohnungsnot hofft Diab auf eine Änderung der Gesetzgebung, die das Leben in solchen alternativen Wohnformen erleichtert. Seine Suche nach einem neuen Platz erfolgt unter bestimmten Wünschen: Er sucht einen naturnahen, ruhigen Ort mit Wasseranschluss sowie Infrastruktur und einer Meldeadresse. Marius Diab arbeitet als kletternder Baumpfleger und lebt gemeinsam mit zwei Katzen in seiner Jurte. Interessierte können sich direkt an ihn wenden: marius.diab@riseup.net.
Rechtslage für Jurten
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Jurten sind komplex und unterteilen sich in die Kategorien Innen- und Außenbereich. Im Innenbereich gibt es zunehmend Genehmigungen für Jurten, was im Kontext der Nachhaltigkeitswende wichtig ist. Allerdings ist das Verfahren oft sehr bürokratisch, teuer und langwierig. Es wird empfohlen, inoffizielle Vorabklärungen oder rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. In einigen Bundesländern dürfen Jurten bis zu sechs Metern ohne Bauantrag errichtet werden, jedoch mit bestimmten Einschränkungen, wie zum Beispiel dem Verbot der Vermietung oder der Befeuerung.
Die Situation im Außenbereich gestaltet sich anders. Hier können Jurten beispielsweise als temporäre Baustellenunterkünfte genutzt werden. Da Jurten mobil sind, können sie schnell auf- und abgebaut werden, ohne Rückstände zu hinterlassen. Vor allem Landwirte profitieren bei der Genehmigung von Jurten, insbesondere für die Tierhaltung. Über die Zeit gewöhnen sich die Anwohner oft an die Jurten, was das Risiko einer Denunziation senkt. In einigen Fällen gibt es sogar Musterklagen gegen Behörden, um die Aufstellzeiten für Jurten zu verlängern. Generell wird auch diskutiert, wie man das Thema Zwangsräumungen medienwirksam anprangern kann. Die Rechte für nachhaltige Lebensweisen und Umweltschutz sind zentrale Punkte in diesen rechtlichen Debatten.
Die Herausforderung, die Marius Diab gegenübersteht, ist Teil eines viel größeren Diskurses über alternative Wohnformen in Deutschland. Die Forderung nach mehr Flexibilität in der Baugesetzgebung könnte dazu beitragen, dass viele Menschen einen Ort finden, an dem sie nachhaltig leben können.