
Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Düsseldorf sorgt für große Unsicherheiten in der Reisebürobranche. Die Entscheidung könnte den Handelsvertreterstatus der Reisebüros gefährden, was weitreichende Folgen für die Vertriebsstrukturen im Reisevertrieb hat. Laut reisevor9.de wurde Aida Cruises untersagt, einem Vermittler die Zusammenarbeit zu kündigen, da dieser Rückvergütungen an seine Kunden gewährte. Das Gericht entschied, dass eine Preisbindung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Aida Cruises hat bereits Berufung eingelegt und strebt eine höchstrichterliche Klärung an.
Der Verband unabhängiger selbstständiger Reisebüros (VUSR), dessen Vorsitzende Marija Linnhoff besorgt auf die Situation blickt, warnt vor einem ruinösen Preiswettbewerb. Der Handelsvertreterstatus schützt Reisebüros vor Preisdumping und gewährleistet einheitliche Preise zwischen stationärem Vertrieb und Online-Plattformen. Sollte dieser Status wegfallen, sieht Linnhoff das Überleben kleiner Reisebüros in Gefahr. Der Druck durch Wettbewerber, die hohe Rabatte gewähren, steigt bereits jetzt. Beispielsweise bieten Banken wie die Raiffeisenbank Regensburg-Wenzenbach ihren Kunden Rückvergütungen von bis zu sieben Prozent an, was die Position klassischer Reisebüros zusätzlich erschwert.
Folgen für die Branche
Das Urteil könnte das bestehende Geschäftsmodell gefährden, da das Verbot, Provisionen mit den Kunden zu teilen, als Wettbewerbseinschränkung gilt. Größere Marktteilnehmer bereiten sich bereits auf mögliche Veränderungen vor. Reisebüroketten entwickeln neue Modelle, die auf Servicegebühren basieren. Linnhoff befürchtet, dass im Falle eines Verlustes des Rechtsstreits Aida Cruises den Maklerstatus für Vertriebspartner einführen könnte. Das würde bedeuten, dass Reisebüros nicht mehr mit festen Provisionen verkaufen, sondern Reisen zu Nettopreisen einkaufen und selbst entscheiden müssten, wie sie ihre Margen festlegen.
Die VUSR-Vorsitzende zieht Parallelen zu früheren Entwicklungen im Einzelhandel, als das Ende der Preisbindung viele kleine Geschäfte zum Verschwinden brachte. Bei einem Wegfall des Preiszwangs sieht sie die Gefahr, dass Online-Anbieter mit hohen Rückvergütungen die kleinen Reisebüros vom Markt drängen. Linnhoff appelliert an die Branche, sich zu vereinen und warnt vor einer möglichen Zentralisierung, die die Vielfalt im freien Vertrieb einschränken könnte.
Die Auseinandersetzungen zwischen Reiseveranstaltern und Vermittlern bleiben ein zentrales Thema in der Branche. Die Zukunft des Handelsvertreterstatus und die damit verbundenen Vertriebsbedingungen stehen auf der Kippe, und die nächsten Schritte werden mit großer Spannung erwartet. Diese Entwicklungen könnten nicht nur das Geschäftsmodell vieler Reisebüros, sondern auch die gesamte Struktur im Reisevertrieb nachhaltig beeinflussen.