
Am 17. Mai 2025 hat der renommierte Tourismusforscher Hasso Spode in einem Gespräch über die Geschichte und die Entwicklung des Tourismus diskutiert. Mit Rose und Jesse aus England erörtert Spode nicht nur die Faszination des Reisens, sondern äußert auch deutliche Kritik am Overtourismus, der über die Jahre einen zunehmenden Druck auf beliebte Reiseziele ausübt. Denn der Tourismus wird schon seit mehr als 100 Jahren als übertrieben wahrgenommen, was Spode in seinem Gespräch anhand historischer Entwicklungen untermauert.
Er erklärt, dass das Reisen nicht von Natur aus in den Genen der Menschen verankert ist, sondern erst nach der Sesshaftigkeit vor etwa 6000 Jahren als Abweichung von der Norm betrachtet wurde. Frühe Formen des Reisens, wie Pilgerreisen, zeigen Parallelen zum modernen Tourismus, in dem Reisende oft authentische Erlebnisse suchen und Souvenirs als gemeinsame Elemente zum Ausdruck ihrer Reiseerfahrungen mitbringen.
Die Evolution der Reisekultur
Spode zieht zudem einen interessanten Bogen von der industriellen Revolution, in der Erfindungen wie die Dampfmaschine und die Eisenbahn die Mobilität der Menschen revolutionierten, bis zu den heutigen Möglichkeiten, die das Reisen demokratisiert haben. Die Einführung des Reiseführers „Baedeker“ war ein bedeutender Schritt, der es dem Bürgertum ermöglichte, eigenständig zu reisen und neue Reiseziele zu erforschen. Der erste „Baedeker“-Reiseführer erschien 1835 und gilt bis heute als verlässliche Informationsquelle für Individualtouristen, die sich auf ihre Reisen vorbereiten möchten.
Zudem informiert NDR, dass Reiseführer schon seit dem Mittelalter existieren, als Reisen größtenteils Kaufleuten, Soldaten und Pilgern vorbehalten war. Thomas Cook, der den Pauschaltourismus im 19. Jahrhundert erfand, setzte einen weiteren Meilenstein in der Geschichte des Reisens, indem er Reisen für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich machte.
Die Nachfrage nach Reisen nahm insbesondere in der Nachkriegszeit zu, als das Wirtschaftswunder in Westdeutschland auch dazu führte, dass Auslandsreisen, insbesondere nach Italien, im Trend lagen. Gleichzeitig war in der DDR Urlaub ein verfassungsrechtlich verankertes Recht für alle Werktätigen. Heutzutage sind Reisen dank des Internets und mobiler Apps einfacher denn je und bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten, die weit über die Zustandekommen von Reisen im 19. oder 20. Jahrhundert hinausgehen.
Gesellschaftliche Wahrnehmung und Herausforderungen
Aktuell mehren sich jedoch die Proteste gegen den Tourismus. Spode weist darauf hin, dass die ablehnende Haltung gegenüber Touristen nicht neu ist, sondern historisch gewachsen und tief verwurzelt ist. Dabei fällt auf, dass oft gerade die Menschen, die über Touristen klagen, selbst viel reisen und somit Teil des Problems sind.
In einer persönlichen Note erzählt Jesse, dass er und Rose an den Todestag von Jesses Vater nach Berlin reisen, was die emotionale Dimension des Reisens und die persönlichen Verbindungen, die damit einhergehen, verdeutlicht. Spode schließt seine Ausführungen mit einem Plädoyer dafür, dass wir alle Touristen sind und betont die Notwendigkeit, freundlich und respektvoll miteinander umzugehen.
In einem historischen Rückblick wird deutlich, wie sich das Reisen über die Jahrhunderte gewandelt hat und welche tiefen kulturellen, politischen und sozialen Veränderungen damit verbunden sind. Hasso Spode und sein Engagement mit dem Tourismus-Archiv an der TU Machen diesen Wandel erlebbar und bieten einen wertvollen Beitrag zur Reiseliteratur, die in der heutigen Form durch die Konkurrenz von Online-Ressourcen ergänzt wird.