Warum deutsche Touristen von Sansibar dringend abgeraten wird

Warum deutsche Touristen von Sansibar dringend abgeraten wird

Sansibar, Tansania - Die Diskussion um Reisen nach Sansibar gewinnt an Fahrt, nachdem die TikTokerin Siobhan ihre Erfahrungen auf der Insel geteilt hat. Sie rät insbesondere weißen Menschen, von einem Besuch abzusehen, da sie ihren Aufenthalt aufgrund ihrer Kenntnisse über Rassismus und Kolonialismus nicht genießen konnte. Diese Aussage steht im Kontrast zu den positiven Darstellungen von Urlaubsguru, der Sansibar als malerisches Reiseziel mit Traumstränden, Safaris und aufregendem Wassersport bewirbt. Trotz solcher Werbung zeigen aktuelle Statistiken der Nationalen Statistikbehörde Tansania, dass im Januar und Februar 2023 fast 50% mehr Touristen nach Sansibar reisten als im Vorjahr. Deutschland hat sich dabei als dritthäufigstes Herkunftsland für Touristen etabliert, nach den USA und Frankreich.

Die wachsende Touristenzahl führt dazu, dass Reiseveranstalter wie Tui und Dertour neue Resorts auf der Insel eröffnen. Neben den wirtschaftlichen Chancen bringt dieser Tourismustrend jedoch auch kritische Stimmen hervor. Siobhan erzählt von einem spürbaren Machtverhältnis zwischen Touristen und Einheimischen sowie von akzeptiertem Rassismus, der die Urlaubserfahrung stark beeinflusst. Professor Jürgen Zimmerer, ein Experte für die Geschichte Afrikas, unterstützt Siobhans Beobachtungen und kritisiert die neokolonialen Strukturen im Tourismus.

Neokoloniale Strukturen im Tourismus

Zimmerer argumentiert, dass europäische Touristen oftmals einen Urlaub in ehemaligen Kolonien genießen können, während es vielen Einheimischen verwehrt bleibt. In diesem Kontext kritisiert er die Kolonialnostalgie, die von der Tourismusindustrie als Marketing-Strategie genutzt wird. Beispiele für diese koloniale Verherrlichung sind unter anderem koloniale Lodges und Fotosafaris. Dieser Trend ist nicht nur auf Sansibar beschränkt, sondern zeigt sich auch in anderen afrikanischen Ländern wie Namibia, wo die koloniale Geschichte in der Tourismusbranche reflektiert wird.

Die Reisenden in Namibia, die ebenfalls unter dem Einfluss der deutschen Kolonialgeschichte stehen, werden oft nur mit stereotypen Darstellungen der indigenen Völker konfrontiert. Zimmerer betont die Wichtigkeit, dass Reisende sich ihrer Rolle als Nutznießer der kolonialen Geschichte bewusst werden.

Politische Spannungen auf Sansibar

Im Hintergrund dieser touristischen Entwicklungen stehen auch politische Spannungen, die auf Sansibar tief verwurzelt sind. Die Insel ist durch zwei Nationalismen geprägt: den arabischen und den afrikanischen. Diese Nationalismen, die sich bereits in den 1960er-Jahren gegen die britische Kolonialherrschaft richteten, führen bis heute zu ethnischen Spaltungen im halbautonomen Teilstaat von Tansania. Autokennzeichen auf Sansibar sind mit der sansibarischen Flagge versehen, die oft im Wind weht. Viele Sansibaris identifizieren sich eher mit ihrer Insel als mit dem restlichen Tansania.

Die Gesellschaft Sansibars ist vielfältig und geprägt von verschiedenen kulturellen Einflüssen, einschließlich indischer, persischer, afrikanischer, europäischer und arabischer. Die Amtssprachen sind Kiswahili und Englisch, während in vielen Regionen auch Arabisch gesprochen wird. Historisch betrachtet reicht der arabische Einfluss auf Sansibar bis ins 7. Jahrhundert zurück, als arabische Händler und Flüchtlinge aus Südarabien auf die Insel kamen und Bindungen mit der indigenen afrikanischen Bevölkerung eingingen.

Angesichts dieser komplexen historischen und sozialen Gegebenheiten sollten Reisende sensibel mit den Gegebenheiten umgehen und sich bewusst machen, welche Rolle sie im Kontext von Rassismus und Kolonialgeschichte spielen.

Details
OrtSansibar, Tansania
Quellen

Kommentare (0)