Vietnam

Neues Gesetz zur digitalen Werbung: Klarheit oder Chaos für Influencer?

In der 9. Sitzung der 15. Nationalversammlung in Vietnam stellte der Delegierte Nguyen Tam Hung einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Werbegesetzes vor. Ziel dieses Entwurfs ist es, die Werbepraxis im digitalen Umfeld zu modernisieren. Zentraler Bestandteil des Gesetzesentwurfs sind die Regelungen zu grenzüberschreitenden Werbediensten und den Verantwortlichkeiten von Unternehmen bei der Online-Werbung. Wie Vietnam.vn berichtet, gibt es jedoch erhebliche Bedenken seitens der Delegierten.

Besonders kritisch betrachtet wird Klausel 14, Artikel 1, die unklare Identifizierungsfaktoren für grenzüberschreitende Werbedienstleistungen in Vietnam enthält. Die Delegierten fordern, dass spezifische Kriterien für diese Dienstleistungen auf Grundlage technischer Praktiken und der Rezeption durch Verbraucher festgelegt werden. Darüber hinaus wurde in Artikel 15a, Absatz 3, festgestellt, dass Influencer die Glaubwürdigkeit der Werbetreibenden überprüfen und deren Produkte vor der Vorstellung selbst verwenden müssen. Eine klare Definition und Leitlinie für Influencer im digitalen Raum ist ebenfalls gefordert.

Verantwortlichkeiten der Anbieter

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Verantwortlichkeiten der Anbieter digitaler Plattformen. Klausel 5, Artikel 23 beschreibt diese im Detail, setzt jedoch hohe Anforderungen an grenzüberschreitende Plattformen, die keinen rechtlichen Hauptsitz in Vietnam haben. Delegierte schlagen vor, dass diese Plattformen verpflichtet werden sollten, einen Rechtsvertreter in Vietnam zu benennen. Weiterhin werden Empfehlungen für klare technische Standards zur Kontrolle von Werbung ausgesprochen.

In Artikel 23, Absatz 2 wird festgelegt, dass Werbung eine Funktion zur Deaktivierung und Ablehnung unangemessener Anzeigen bieten sollte, jedoch bleiben die Feedback-Mechanismen in diesem Bereich unklar. Es wird ein Vorschlag zur Einrichtung eines Portals für Meldungen über Werbeverstöße auf Vietnamesisch diskutiert, welches eine maximale Bearbeitungszeit von 72 Stunden festlegt.

Fehlende internationale Koordination

Trotz der vorgeschlagenen Maßnahmen fehlen jedoch Bestimmungen über einen internationalen Koordinierungsmechanismus zur Kontrolle grenzüberschreitender Werbeverstöße. Hierbei wird die Notwendigkeit eines Datenaustauschsystems und technischer Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsbehörden und den grenzüberschreitenden Plattformen deutlich. Dies stellt besonders in einem globalisierten Umfeld eine Herausforderung dar, da jede im Internet eingestellte Werbung als grenzüberschreitend gilt. In diesem Kontext weist 2S-IP darauf hin, dass die weltweite Präsenz von Internetwerbung Fragen zur Zuständigkeit aufwirft.

Laut dem „Tatortprinzip“ kann grundsätzlich jedes deutsche Gericht für Werbung zuständig sein, die in seinem Bezirk abrufbar ist. Diese Zuständigkeit gilt jedoch nur, wenn sich die Werbung gezielt an Verbraucher oder Gewerbetreibende des betreffenden Gerichtsbezirks richtet. Unklarheit besteht in Bezug auf die Anwendung deutschen materiellen Wettbewerbsrechts, das nur dann greift, wenn die Werbung im deutschen Markt relevant ist.

Im Hinblick auf das europäische Recht tritt das „Marktortprinzip“ durch das „Herkunftslandprinzip“ in den Hintergrund. Die EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr legt fest, dass Werbung den Vorschriften des Ursprungsstaates unterliegt. In diesem Kontext könnte deutsches Wettbewerbsrecht bald für ausländische Unternehmen, die im Internet tätig sind, nicht mehr anwendbar sein.

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