
Die Proteste gegen den Massentourismus in beliebten europäischen Reisezielen werden zunehmend als Weckruf für die gesamte Tourismusbranche wahrgenommen. Günter Ihlau und Wolfgang Isenberg betrachten in ihrem aktuellen Thesenpapier die Entwicklungen als Chance für einen bewussteren Umgang mit dem Reisen. Sie fordern eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Idee der Völkerverständigung, die oft nur oberflächlich gelebt wird. Um wirkliches Verständnis und Begegnungen zwischen Reisenden und Einheimischen zu fördern, seien Zeit, Offenheit und strukturelle Rahmenbedingungen notwendig, so die Autoren. Überfüllte Straßen und steigende Mieten in Städten wie Barcelona und Venedig führen mittlerweile zu erheblichem Widerstand gegen den Tourismus und verdeutlichen die Dringlichkeit einer Reform des Sektors.
Ihlau und Isenberg bezeichnen den aktuellen Widerstand als Realitätscheck für die Idee der Völkerverständigung. Sie argumentieren, dass Reisen nicht nur eine Möglichkeit ist, Kulturen kennenzulernen, sondern auch ein Spiegel internationaler politischer Dynamiken. Visaordnungen und außenpolitische Spannungen beeinflussen das Reiseverhalten und zeigen die Notwendigkeit für einen Perspektivwechsel im Tourismus. Ihr vorgeschlagener Begriff „Völkerverständigung 2.0“ betont die dynamische Natur der Begegnung und fordert sowohl die Destinationen als auch die Reisenden selbst auf, für respektvolle und achtsame Interaktionen zu sorgen.
Nachhaltiger Tourismus als Lösung
Der Protest gegen den Massentourismus ist nicht Ausdruck einer generellen Ablehnung des Tourismus, sondern ein Aufruf zur Neugestaltung im Sinne der lokalen Bevölkerung. In Städten wie Mallorca und Lissabon demonstrieren Anwohner gegen die Zerstörung von Ökosystemen und den Verlust regionaler Identität. Experten betonen, dass richtig gestalteter Tourismus Verständnis zwischen Kulturen fördern, Vorurteile abbauen und friedliche Begegnungen ermöglichen kann. Um dies zu erreichen, gilt es, lokale Akteure in die Planungsprozesse einzubeziehen und ein gerechtes wirtschaftliches Verteilungssystem zu schaffen.
Das Programm „Tourismuskritik als Chance: 10 Punkte zur Förderung der Tourismusakzeptanz“, veröffentlicht von Ihlau und Isenberg, bietet eine Reihe von Vorschlägen. Dazu gehören Investitionen in nachhaltige Infrastruktur und die Stärkung regionaler Kulturen. Hotels spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Die Initiative Green Pearls® zeigt durch ihre Unterkünfte, dass verantwortungsvoller Tourismus mit einem ganzheitlichen Ansatz möglich ist.
Beispiele für verantwortungsvollen Tourismus
In Südtirol beispielsweise setzen Green Pearls® Hotels wie My Arbor in Brixen auf energieeffiziente Bauweise und Müllvermeidung, während das Eco-Aparthotel OLM Nature Escape erneuerbare Energien nutzt und längere Aufenthalte fördert. Vegan orientierte Hotels wie LA VIMEA und Paradiso Pure.Living sprechen die Tierschutzkritik an, indem sie vermehrt tierfreundliche Konzepte umsetzen.
Auch in anderen Regionen sieht man positive Ansätze. Das SCHWARZWALD PANORAMA in Bad Herrenalb erstellt eine Gemeinwohl-Bilanz in Kooperation mit einer Hochschule, um die Auswirkungen des Tourismus genau zu messen. Biohotel Grafenast in Tirol setzt auf 100 % Ökostrom und regionale Lebensmittel. Der Fokus liegt dabei auf langfristiger sozialer und ökologischer Verträglichkeit.
Die Zukunft des Tourismus wird neue Wege erfordern, die Qualität, Verantwortung und Respekt in den Vordergrund stellen. Ihlau und Isenberg sind überzeugt, dass der Tourismus als Teil der Lösung und nicht als Problemverursacher angesehen werden sollte. Gemeinsam können die Akteure in der Branche an einer nachhaltigen und akzeptierten Entwicklung arbeiten, die sowohl ökonomische als auch soziale Aspekte berücksichtigt.
Das vollständige Thesenpapier von Ihlau und Isenberg sowie weitere Informationen finden Sie unter Reise vor 9 und Green Pearls.